Consumer Insights von der ISPO SHANGHAI

Chinesische Verbraucher entdecken den Sport- und Outdoor-Markt via Social Media

ISPO Shanghai überzeugt Besucher erneut: Die Ausstellung ist ein außergewöhnlicher Schmelztiegel für die gesamte Sportbranche. Dank steigender Besucher- und Ausstellerzahlen war die Messe ein Riesenerfolg. Hier einige Gedanken und Eindrücke.

ISPO SHANGHAI hat erneut bewiesen: China bringt Social Media und den Sportsektor zusammen
ISPO SHANGHAI hat erneut bewiesen: China bringt Social Media und den Sportsektor zusammen

Gesundheit und Glücklichsein

Angesichts wachsender Löhne und eines höheren verfügbaren Einkommens der chinesischen Verbraucher werden zwei Faktoren in der chinesischen Gesellschaft immer wichtiger: Gesundheit und Glücklichsein. Ein Verbraucher formulierte es so: „Wir sind reicher als zuvor und möchten gesünder werden.“ Gute Nachrichten für die Sport- und Outdoor-Industrie, die sich über den Konsumwachstum freut. Für internationale Marken ist China allerdings nicht unbedingt ein leicht zugänglicher Markt. Möglich ist der Eintritt dennoch.


In China gibt es eine Vielzahl heimischer Marken, die den chinesischen Verbrauchern moderne Funktionsbekleidung bieten, und immer mehr Anbieter aus dem internationalen Textilsektor verkaufen ihre Kollektionen direkt an diese Marken. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keinen Platz für internationale Marken gäbe.

Nike, Under Armour und Asics können beispielsweise Fortschritte vermelden, insbesondere, da der Besitz ausländischer Marken Ansehen bringt, und zwar nicht nur bei Sport und Outdoor-Bekleidung. Ein Blick in die Luxusgüter- und Automobilbranche genügt, um den Reiz etablierter, aus dem Westen importierter Marken zu erkennen.

Einzelhandelsfakten

Nicht nur die Bewohner der wichtigsten Städte wie Peking und Shanghai, sondern auch die der kleineren, rasant wachsenden Städte im ganzen Land sind hungrig nach neuen Marken und messen ihrer Gesundheit zudem mehr Bedeutung bei.

Von Laufen über Yoga, Schwimmen und Wandern, frei und kaufkräftig wie die chinesischen Konsumenten sind, übernehmen sie diesen neuen Lifestyle bereitwillig, insbesondere, wenn es dafür eine App auf ihrem Smartphone gibt.

Traditioneller vs. Online-Handel

Zwar gehören Flagship Stores noch nicht der Vergangenheit an, aber das Schlagwort für den Einzelhandel lautet eindeutig Social Media, da auch im Einzelhandel Apps besonders beliebt sind.  Die chinesische Wirtschaft ist so rasant gewachsen, dass die Verbraucher vom Bezahlen mit Bargeld nahezu direkt zum Bezahlen per Smartphone übergegangen sind, ohne den Umweg über Debit- und Kreditkarten zu nehmen.

Eine der führenden Apps für das Online-Shopping ist Taobaovon Alibaba, mit der man einfach jedes Produkt kaufen kann. Die App bietet außerdem die Möglichkeit, mit Alipay zu bezahlen, einem Online-Bezahlsystem, das 2015 in Europa eingeführt wurde, damit die boomende chinesische Tourismusbranche auch im Ausland Produkte so wie zuhause kaufen kann. Alipay hat in China über 450 Millionen Benutzer.


Auch WeChat ist für den modernen chinesischen Verbraucher unverzichtbar, sowohl für die Kommunikation als auch für das Teilen von Daten und das Bezahlen von Produkten. Ein Taxi bestellen und bezahlen, einen Tisch reservieren und das Abendessen bezahlen oder einen kleinen Snack oder eine Tasse Kaffee kaufen, all das ist mit der App möglich.  WeChat bietet die Funktion verschiedener Social-Media-Apps, die wir in der westlichen Welt nutzen, gebündelt in einer einzigen App. Hinter der App, die von über 600 Millionen Verbrauchern in China genutzt wird, steht der chinesische Internetgigant Tencent.

Anfang dieses Monats hat Tencent in Zusammenarbeit mit dem deutschen Zahlungsabwickler Wirecard seine Bezahlplattform WeChat Pay in Europa eingeführt. Die Zusammenarbeit ermöglicht Einzelhändlern in Europa die Akzeptanz von per WeChat geleisteten Zahlungen. Auch hier steht wieder der Tourist aus China im Vordergrund, der Europa bereist und mit der Bezahlfunktion des Messenger-Dienstes vertraut ist.

Gefördert durch Regierung und Unternehmensinvestitionen

Hinter dem Wachstum des Sportsektors steht die chinesische Regierung, die die Branche insbesondere durch die Austragung der Olympischen Spiele 2008 in Peking und den Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele im Jahr 2022 gefördert hat.  Im Rahmen ihres 13. Fünfjahresplans hat sich die allgemeine Sportbehörde Chinas zum Ziel gesetzt, eine Branche im Wert von 3.000 Milliarden Yuan (387 Milliarden Euro) zu schaffen, die bis 2020 etwa ein Prozent des nationalen Bruttoinlandsproduktes generieren könnte, im Gegensatz zu nur 0,7 Prozent im Jahr 2015.

Der Fokus der chinesischen Regierung auf den Sportsektor zielt darauf ab, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern und so das Gesundheitssystem zu entlasten. 1,4 Milliarde Menschen zu einem aktiveren und gesünderen Lebensstil zu motivieren, bringt viele Vorteile mit sich. 

Nicht nur die Regierung investiert in die Sportbranche, sondern sie ermöglicht dies nun zunehmend auch Unternehmen, sodass große Namen diesen Wachstumsmarkt bereits für sich entdeckt haben. Zu den neuesten Investoren zählt die Alibaba Group, die mit dem neu geschaffenen Alisports ihren Anteil an der heimischen Sportbranche ausbauen möchte. Der Plan ermuntert lokale Regierungen nicht nur zur Gründung von Investmentfonds für die Sportbranche mit öffentlichen und privaten Geldern, sondern auch dazu, ihr sportliches Engagement mithilfe von durch öffentlich-private-Partnerschaften finanzierte Projekte auszuweiten.

Textile KPIs für Sommer 2019

Feuchtigkeitsmanagement, Cool Touch und schnelltrocknende Qualitäten für die Sommermonate sind in China genauso gefragt wie im Westen. Die Teilnahme am jüngsten ISPO TEXTRENDS Forum auf der ISPO SHANGHAI war folglich hoch. Auch UV-Schutz spielt eine zentrale Rolle, erreicht durch den Einsatz spezieller Garne oder kompakter Gewebestrukturen, die die Sonnenstrahlen abblocken.


Dies hat nicht nur gesundheitliche Gründe, sondern hängt auch mit den Wünschen der Verbraucher zusammen. Anders als bei uns ist in China gebräunte Haut kein Zeichen von Gesundheit, ganz im Gegenteil. Aus kultureller Perspektive gilt: je heller die Haut, desto wohlhabender ist man. Bei einem Spaziergang durch die Straßen von Shanghai während der ISPO SHANGHAI fallen einem die vielen Regenschirme auf, die nicht etwa vor Regen, sondern vor der Sonne schützen sollen. Radfahrer tragen langärmelige, leichte und kompakt gewebten Ripstop-Außenlagen, die ebenfalls verhindern, dass die Haut der Sonne ausgesetzt wird.

Radfahren wird bei den chinesischen Verbrauchern immer beliebter

Bei der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 entschied die Partei, das Fahrrad als Fortbewegungsmittel für das Volk zu fördern, und begann mit der Massenproduktion. Das Wachstum der Fahrradindustrie wurde in den ersten Fünfjahresplan aufgenommen. Mit einer Produktion, die über 60 Prozent des weltweiten Marktes mit Fahrrädern versorgt, zählt China heute immer noch zu den weltweit führenden Fahrradherstellern. Angesichts der Einführung des öffentlichen Personennahverkehrs in den größten Städten, einschließlich U-Bahn, und der steigenden Zahl an Autobesitzern gelangte das Fahrrad in China selbst jedoch ins Hintertreffen.

Mit der Einführung von Bike-Sharing-Systemen zeichnet sich heute in Shanghai ein Wandel ab, und Fahrradfahren ist so beliebt wie nie zuvor. Auch viele europäische Städte haben Bike-Sharing-Systeme eingeführt, allerdings müssen hier die Fahrräder abgeholt und an der nächsten Sammelstation wieder zurückgegeben werden.

Beim Bike-Sharing in Shanghai kann man das Fahrrad hingegen einfach irgendwo in der Stadt auf dem Bürgersteig stehen lassen, bis es dann von jemand anderem genutzt wird. Vier Fahrradfirmen nehmen an dem Programm teil, das ebenfalls über eine App funktioniert, bei der man sich registriert.


Möchte man ein Fahrrad nutzen, öffnet man die App, scannt den am Fahrrad angebrachten QR-Code, gibt eine PIN ein und los geht die Fahrt. Das Programm ist ein Riesenerfolg, insbesondere bei den Millennials, was man an den vielen knallbunten Fahrrädern, die überall in der Stadt umherfahren, unschwer erkennt. Das in Shanghai beliebte System wird nach und nach andere Städte erobern. Neben dem Vorteil, dass die Fahrräder bequem per App freigeschaltet werden können, ist der Verleih komplett kostenlos, außerdem werden nach der Fahrt die eingesparten Kohlenstoffemissionen berechnet.

Nachfrage nach Performance-Materialien im Sport und Lifestyle-Sektor fördert Geschäftspotenzial für Textilunternehmen

Nicht nur die Sportbranche wächst unaufhaltsam, auch der Bedarf an Performance-Stoffen für Freizeit- und Arbeitskleidung nimmt zu, insbesondere im Zusammenhang mit den Bike-Sharing-Programmen. Cool-Touch-Materialien, Geruchshemmung, Feuchtigkeitsmanagement, widerstandsfähige, wasserabweisende Finishes und UV-Schutz – all das wünschen sich die Verbraucher nicht nur fürs Training, sondern auch, wenn sie mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren.

Dieser neue Wunsch nach „alltagstauglicher“ Performance-Kleidung eröffnet den Textilunternehmen, die bereits den traditionellen Sport- und Outdoor-Markt bedienen, vielfältiges Potenzial, da große Marken, einschließlich Uniqlo, einem japanischen Unternehmen, das sich im chinesischen Einzelhandel etabliert hat, nun auch „Lifewear“-Kollektionen entwickeln.

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