„Die Entwicklung unserer Branche und das Volumen ist außergewöhnlich. Als wir angefangen haben, uns zusammenzuschließen, waren wir noch die seltsamen Kerle in Sandalen und mit karierten Hemden. Und jetzt sind wir einer der stabilsten Bereiche im gesamten Sportbusiness“, sagt Olaf Wittayer, Geschäftsführer der Outdoor-Profis, einer zum Verbund Sport 2000 gehörenden Spezialisten-Einheit, bei einer Debatte auf der Outdoor-Messe in Friedrichshafen.
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1. Nachhaltigkeit: Outdoor-Brands müssen Vorbilder bleiben
Beispielhaft spiegelt sich der Erfolg der Outdoor-Brands beim Thema Nachhaltigkeit wider. „Was Patagonia, Vaude und andere hier machen, ist nicht nur prägend für die Entwicklung unserer Branche, sondern ein gesellschaftliches Phänomen“, sagt Wittayer, „und wegweisend für andere Industrien“. Ausruhen dürfe sich die Branche darauf aber nicht, dafür gebe es noch zu viele Punkte auf der Agenda.
2. Wachstum um jeden Preis? Funktioniert nicht!
Die Zahlen aus 2016 sind gut, die gesamte Outdoor-Branche verzeichnet ein Plus von 3 Prozent. Doch reicht das den Big Playern? Der Outdoor-Profis-Manager erkennt einen Konflikt zwischen den inhabergeführten Firmen, Familienbetrieben auf der einen Seite und großen Industrie-Brands, die oft von Dachkonzernen mit komplexen Finanzkonglomeraten betrieben werden.
„Da haben wir alle zwei Jahre einen neuen Verkaufsleiter, einen neuen CEO mit neuem Konzept und dem Versuch, die Branche wieder mal zu revolutionieren“, sagt Olaf Wittayer, „die treten dann an und sagen, in drei Jahren dresche ich das Ding um 40 Prozent nach vorne – man kann sich ausrechnen, was dann tatsächlich passiert.“ Es sei immer noch „zu viel Ware im Markt, und das führt dann zu Preisschlachten“.
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3. Familien-Unternehmen denken langfristiger
Im Gegensatz dazu stünde die Philosophie der Inhaber geführten Firmen, insbesondere der Familienbetriebe auf dem deutschen Markt. „Die haben einen langfristigen Ansatz“, sagt Olaf Wittayer. John Jansen, der Präsident der European Outdoor Group, pflichtet ihm bei: „Die deutschen Familien-Unternehmen sind Vorbilder im Outdoor-Bereich.“ Und an die Industrie gewandt? EOG-Präsident John Jansen wird deutlich: „Schneller Wachstum um jeden Preis funktioniert nicht.“
4. Urban geht, Athleisure kommt: Der Konsument verändert sich
Der Outdoor-Markt wächst – vor allem deshalb, weil die Branche inmitten der Bevölkerung angekommen ist und neue Zielgruppen erschlossen hat. Kaum eine Outdoor-Marke, die nicht längst die lukrativen Chancen von Urban Kollektionen erkannt ist. Also alles Urban Outdoor oder nichts? „Es gibt diesen Urban-Trend und wir sollten ihn auch bedienen“, sagt John Jansen von der EOG.
Dabei lasse es sich nicht sagen, wie lange Urban Outdoor noch wachse: „Es muss nicht sein, dass Urban Outdoor weiter wächst, vielleicht ist es morgen schon etwas anderes“, sagt Jansen, beispielsweise Athleisure. Wichtig sei, dass die Branche sich nicht mit sich selbst und den von ihr geschaffenen Trends beschäftige, sondern „dass wir nah am Konsumenten sind, denn der verändert sich ständig“.
5. Die Mode-Branche ist und bleibt eine andere Welt
Olaf Wittayer von den Outdoor-Profis, erkennt eine „Diskrepanz zwischen dem, was Marketing-Strategen sich ausdenken und dem, was wir auf den Flächen in den Geschäften verkaufen“.
Der Manager der Spezialisten des Sport-2000-Verbundes fand durchaus harsche Worte für einen speziellen Teil der Branche: „Der Hundebesitzer, der zweimal am Tag raus muss, ist immer noch unser Triple-A-Kunde. Denn der braucht gute Schuhe und eine gute Jacke. Wir sollten nicht die Arroganz haben und sagen, uns interessieren vor allem die Bergsteiger, die sich auf 5.000 Metern bewegen, als Kunden.“
Und in Richtung Urban Leisure sagt Wittayer: „Wir müssen das mitbedienen, das tun wir gerne. Aber seien wir doch mal ehrlich: Bei dem, was in der Mode passiert, in Bezug auf Zyklen oder auch auf die Marge: Da sind wir noch lange nicht.“ Kurz- und mittelfristig jedenfalls sei im Wettbewerb mit der Mode-Branche wenig zu gewinnen.
6. Social Media ist kein Marketing: „Es geht um echte Menschen“
Dass die Kundschaft heute online unterwegs ist und sich vor allem über soziale Netzwerke informiert, hat die Outdoor-Branche zwar längst erkannt – doch hat sie auch die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen? Nein – sagt Alastair Humphreys. Der Outdoor-Influencer, Autor und Motivationsguru ist gerade auf Tour mit seiner These der Micro-Adventures: kleine Abenteuer, die man im Alltag zwischendurch erleben kann, wenn man sich draußen bewegt. „Fast alle Outdoor-Marken machen Social Media – aber fast niemand macht es gut. Alle machen dasselbe, alle machen es ein bisschen langweilig.“ Humphreys provokant: „Alle reden darüber, dass sie authentisch sein und Geschichten erzählen wollen – aber alle scheitern daran.“
Alastair Humphreys führt dies auf Marketing-Strategien vom Reißbrett zurück, mit schönen, glücklichen Kunstprodukten, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben: „Ich will echte Geschichten von echten Menschen. Die können auch mal hässlich sein.“
7. Outdoor Brands brauchen User-Content: It's great out there
John Jansen sieht dies genauso: „Wir sind zu kommerziell unterwegs“, sagt der Präsident der European Outdoor Group mit Blick auf die sozialen Netzwerke. „Der immer gleiche Schuh, mal mit diesem Foto-Modell, dann mit jenem, das funktioniert nicht“, sagt Jansen, „das ist zu glatt, zu kommerziell. Wir brauchen besseren Content. Wir brauchen den Content unserer User. Die sind draußen unterwegs, und draußen ist es toll.“
Genau deshalb habe die European Outdoor Group die Kampagne „It’s great out there“ konzipiert – bei der echte Menschen mit echten Geschichten für Aufmerksamkeit sorgen sollen, von denen das Outdoor-Business profitiert.